Die Wechseljahre – turbulente Zeiten für Körper und Seele
Dienstag,
16. Juli 2019
Zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr durchleben die meisten Frauen die Wechseljahre. Was in der medizinischen Fachsprache nüchtern Klimakterium oder Menopause heißt, hat für Frauen häufig große emotionale Bedeutung. Sie müssen sich damit abfinden, dass die Zeit der Jugend und der Fruchtbarkeit vorbei ist. Für manche ist das ein großer Einschnitt und sie befürchten, an Attraktivität und Leistungsfähigkeit zu verlieren. Dabei können sich Frauen auf eine intensive Zeit des Lebens freuen, in der Herausforderungen wie Verhütung oder Menstruationsbeschwerden der Vergangenheit angehören. Die Wechseljahre sind, ähnlich wie die Pubertät, ein natürlicher Lebensabschnitt, in dem sich das Hormonsystem umstellt.
Anzeichen für die Wechseljahre
Da Hormone viele Körperfunktionen regeln, kann ihre Umstellung mit körperlichen und psychischen Beschwerden einhergehen. Ein verlässliches Anzeichen dafür, ob diese Veränderung bereits eingesetzt hat, ist der Menstruationszyklus: Es treten Zwischenblutungen auf, die Periode wird unregelmäßig und kann sich zunächst verstärken. Irgendwann bleibt sie dann aus. Manche Frauen bemerken die Wechseljahre nur durch die ausbleibende Blutung, bei vielen kommen andere Anzeichen hinzu: Zwei Drittel der Frauen hierzulande leiden unter Hitzewallungen und Schlafstörungen, weitere Beschwerden sind möglich. Doch sie treten meist nicht geballt auf und lassen sich behandeln.
Die Veränderungen im weiblichen Körper gehen darauf zurück, dass die Funktion der Eierstöcke langsam nachlässt und die Konzentration der weiblichen Sexualhormone, der Östrogene, schwächer wird. Dieser Vorgang zieht sich über Jahre hin und wird in drei hormonelle Phasen eingeteilt, deren Dauer und Symptome bei jeder Frau anders sein können.
Drei Phasen des Klimakteriums
Die erste Phase beginnt mit dem Auftreten unregelmäßiger Zyklen und endet mit der letzten sogenannten „spontanen Menstruation“, also einer ganz normalen Monatsblutung, die nicht durch die Gabe von Hormonen ausgelöst wurde. Diese Phase ist mit einer verminderten Produktion des Gelbkörperhormons, dem Progesteron, verbunden. Das Hormon Östrogen ist in dieser Phase noch ausreichend vorhanden. Gewichtsprobleme, Wasserstau und depressive Verstimmungen, die sich bis zu einer Depression entwickeln können, sind mögliche Merkmale. Auch unregelmäßige Blutungen machen vielen Frauen zu schaffen. Gynäkologinnen und Gynäkologen können diese Phase genau bestimmen und zur Linderung gegebenenfalls ein Gestagenpräparat verschreiben. Zusätzlich kann zur Verringerung von Regelbeschwerden ein pflanzliches Mittel eingenommen werden: das Agnus castus- oder Keuschlammfrüchte-Extrakt.
In der zweiten Phase lässt die Östrogenproduktion nach. Dies spiegelt sich in den klassischen Symptomen wie Hitzewallungen und Schlaflosigkeit wider. Auch Gelenkschmerzen oder Trockenheitsgefühle am ganzen Körper, vor allem aber in den Augen und in der Vagina, können auftreten. Muskelschmerzen, ein hoher Cholesterinspiegel, gelegentlich unregelmäßige Herzschläge oder ein vorübergehend erhöhter Blutdruck können ebenfalls Hinweise sein. Sind die Kreislaufprobleme sehr stark, kann die Ärztin oder der Arzt eine Hormonersatztherapie mit Östrogenen erwägen. Allerdings ist es auch sinnvoll, auf natürliche Mittel zu bauen. Viele Frauen haben gute Erfahrungen mit sogenannten Phytoöstrogenen gemacht, das sind hormonähnliche Stoffe aus Sojaprodukten. Speziell gegen trockene Augen gibt es künstliche Tränen. Bei einem Trockenheitsgefühl in der Vagina hilft eine vaginale Feuchtigkeitscreme. Generell ist Sport ein gutes Heilmittel in den Wechseljahren. Er ist das beste „Medikament“ gegen depressive Verstimmungen und hilft bei Kreislaufbeschwerden.
Die letzte Phase des Klimakteriums ist durch einen Mangel an männlichen Hormonen, den Androgenen, gekennzeichnet. Androgene sind ein natürlicher Bestandteil des weiblichen Körpers. Sie regen den Stoffwechsel an, stärken das Bindegewebe, beeinflussen die Psyche und steigern sexuelle Erregung und sexuelle Aktivität. Da Androgene außer in der Nebennierenrinde in den Eierstöcken gebildet werden, kann die Stärke der sexuellen Lust in dem Maße abnehmen, wie die Eierstöcke ihre Funktion aufgeben. Bei manchen Frauen ändert sich das sexuelle Empfinden aber nur dahingehend, dass es einfach länger dauert, bis sich eine lustvolle Erregung einstellt.
Liegt ein Mangel an männlichen Hormonen vor, können diese vorübergehend medikamentös zugeführt werden. Allerdings ist das nicht in jedem Fall nötig. Je nachdem wie stark Ihre Beschwerden sind, sollten Sie mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt darüber reden und gemeinsam sorgfältig abwägen, ob eine Hormontherapie notwendig und ratsam ist.
Positive Sicht auf die Veränderungen
In unserem Kulturkreis haftet den Wechseljahren ein schlechtes Image an – das ist nicht überall auf der Welt so. Die negative Sicht kann dazu führen, dass die Auswirkungen der physiologischen Veränderungen und damit die körperlichen und psychischen Beschwerden verstärkt werden. Es hilft, den Wechseljahren unvoreingenommener zu begegnen. Bedenken Sie, dass sie ein Signal der Natur sind und auch Anlass sein können, darüber nachzudenken, wie das weitere Leben gestaltet werden soll. So können sie zum Beispiel den Anstoß dafür geben, sich neue Ziele zu stecken, durchzustarten und dem Leben noch einmal eine andere Wendung zu geben.
Auf jeden Fall sollten Frauen sich nicht entmutigen lassen. Sie sollten versuchen, den neuen Abschnitt als Chance zu begreifen – immerhin liegt bei der derzeitigen Lebenserwartung nach der Menopause noch ein Drittel des Lebens vor ihnen. Gelingt es, nicht dem Verlust nachzutrauern, sondern auch die Vorteile des Älterwerdens hervorzuheben und zu nutzen, wirkt sich das positiv auf Gesundheit und Ausgeglichenheit aus.
© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner, www.beatrice-wagner.de
Redaktion: Birgit Kahl-Rüther
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