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Genusstraining – die fünf Sinne wiederentdecken und Energie tanken

Mittwoch, 1. Juli 2020

Das Herunterfahren des öffentlichen Lebens in der ersten Phase der Corona-Pandemie war für die meisten Menschen mit erheblichem Stress verbunden – etwa wegen der Sorge um Angehörige oder nahestehende Menschen, der Angst um den Arbeitsplatz oder die Herausforderungen durch langanhaltenden Schulausfall bei den Kindern. Nach wie vor ist die bislang unbekannte Situation, in der jeder Tag neu gedacht werden muss, oftmals ein Stressfaktor.  Dies macht sich häufig unterschwellig bemerkbar, etwa durch erhöhte Nervosität, Lustlosigkeit oder Schlafstörungen. Gerade jetzt ist also besonders wichtig, sich kleine Oasen im Alltag zu schaffen, um Energie und Lebenslust zu gewinnen. Eine gute Möglichkeit dazu ist das sogenannte Genusstraining.

Was haben die fünf Sinne mit Stressbewältigung zu tun?

Wir können unsere fünf Sinne – Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Fühlen – dazu nutzen, Genussmomente zu erleben, die entspannend wirken. Diese Genussmomente können wir selbst hervorrufen, ohne großen Aufwand und innerhalb kürzester Zeit. Sie sind kein Allheilmittel, und es wird an einem Tag besser und am nächsten Tag schlechter gelingen, sie einzusetzen. Aber jeder noch so kleine entspannte Moment ist besser als gar keiner, denn er unterbricht eine anstrengende Situation und verhindert, dass wir in gesundheitsschädigenden Dauerstress geraten. Genuss ist übrigens nicht an großartige Menüfolgen oder an Urlaub in der Ferne gebunden, sondern es sind die kleinen Dinge des Alltags, die leicht übersehen werden. Wichtig ist, dass jeder Mensch herausfindet, welche Genussmomente für ihn die richtigen sind und welche Sinneserfahrung zu Entspannung führt.

Akuter und chronischer Stress – Eustress und Distress

Wenn es um Stress geht, ist es wichtig, zwischen verschiedenen Formen zu unterscheiden. Akuter Stress zum Beispiel entsteht ständig, jeder Mensch erlebt ihn im Alltag. Auslöser können schon kleinste Dinge sein, etwa ein in den Tiefen der Tasche verschwundener Schlüssel. Solche punktuell stressauslösenden Ereignisse sind im Gegensatz zu dauerhaftem Stress gesundheitlich unbedenklich.

Obwohl wir den Begriff häufig im negativen Sinne gebrauchen, kann Stress durchaus positiv wirken, nämlich dann, wenn wir Belastungen gut meistern können und uns den Herausforderungen gewachsen fühlen. Dann spornt er uns an, ein Ziel zu erreichen und kann die Leistungsfähigkeit steigern. Hier spricht man von „Eustress“. Dieser positiven Form von Stress steht der sogenannte „Distress“ gegenüber. Er tritt auf, wenn wir uns überfordert fühlen, die Situation mit den eigenen Ressourcen als nicht zu bewältigen wahrnehmen und keine Möglichkeiten zur Einflussnahme sehen.

Wichtig ist, dass nach einer stressauslösenden Phase die Stresskurve in eine anschließende Entspannungsphase mündet und im gleichen Maß wieder nach unten geht, wie sie zuvor nach oben geschnellt ist. Wenn diese Kurve jedoch durch neue Stresssituationen immer weiter ansteigt und keine oder keine ausreichende Entspannungsphase folgt, gerät der Mensch in chronischen Stress. Er mündet irgendwann in totale Erschöpfung und bedroht die körperliche und psychische Gesundheit.

Entspannung mit allen Sinnen

Zur Entspannung bekommen wir häufig ein angenehm duftendes Bad empfohlen, dazu sanfte Musik, eine Kerze und vielleicht sogar ein kleines Lieblingsgetränk. Das ist kein Zufall, denn hierbei werden gleich alle unsere Sinne angesprochen: Über die Haut fühlen wir die angenehme Wirkung des warmen Wassers, wir riechen unseren Lieblingsbadezusatz, hören beruhigende Klänge, sehen das gleichmäßige Flackern des Kerzenlichts und schmecken etwas auf der Zunge, das wir sehr mögen. Aber um uns zu entspannen, müssen gar nicht alle Sinne auf einmal angesprochen werden, und oft genügen schon ein bis zwei Minuten der Sinneserfahrung.

Trainieren Sie Ihre Sinne

Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit und notieren Sie, welche Formen der Entspannung Sie mit den einzelnen Sinnen verbinden. Beim Hören fallen Ihnen außer Musik sicher weitere Dinge ein, etwa Vogelgezwitscher, das Rauschen eines Baches oder auch das Nicht-Hören, die Stille. Schon die bewusste Konzentration auf den Hörsinn bei geschlossenen Augen kann entspannend sein – wahrscheinlich nehmen Sie Geräusche wahr, die sonst im allgemeinen Alltagssummen untergehen.

Der Anblick eines schönen Bildes, einer Pflanze oder einer Landschaft wird oft als entspannend empfunden. Hieraus kann das Fotografieren als Hobby entstehen. Handwerkliche Beschäftigungen wie Töpfern oder Gärtnern wirken über den Tastsinn, genauso wie das Streicheln eines Tieres oder die Sonne auf der Haut. Der Geruch des Waldes ist vielleicht nicht jederzeit zu haben, aber auch eine feine Tasse Tee oder kräftiger Kaffeeduft können einen entspannenden Genussmoment auslösen. Sie wirken dabei gleichzeitig über den Geschmackssinn, wie übrigens auch ein Glas Wein, ein Stück Schokolade oder ein leckeres Essen. Hierbei ist jedoch sehr auf die Menge zu achten, sonst schafft man sich möglicherweise gleich ein weiteres Problem!

Genussmomente bewusst in den Alltag einbauen

Testen Sie, welche Formen des Genusses Ihnen Entspannung bringen, es können durchaus mehrere sein. Geben Sie diesen Momenten ganz bewusst einen Platz in Ihrem angestrengten Alltag. Wählen Sie dafür einen Zeitpunkt, an dem es realistisch ist, dass Sie eine Entspannungsphase umsetzen können. Im Lauf der Zeit werden Ihre Genussmomente dann feste Bestandteile Ihres Tages, und Sie können sie vorbeugend wie auch im akuten Stressfall einsetzen.

Um zum Erfolg zu kommen, können Sie sich an diesen Empfehlungen orientieren:

  • Gönnen Sie sich den Genuss.
  • Nehmen Sie sich Zeit zum Genießen.
  • Genießen Sie bewusst.
  • Schulen Sie Ihre Sinne für den Genuss.
  • Genießen Sie auf Ihre Art.
  • Genießen Sie lieber wenig, aber richtig.
  • Schaffen Sie Vorfreude durch die Planung von Genussmomenten.
  • Genießen Sie die kleinen Dinge des Alltags.


© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Susanne Schneider, www.freistil-texte.de
Redaktion: Birgit Kahl-Rüther, Mail: bkahl@lzg-rlp.de


 

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