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Kein Gläschen in Ehren – alkoholfrei leben in der Schwangerschaft

Dienstag, 1. September 2020

Jährlich am 9.9. ist der Tag des alkoholgeschädigten Kindes. Das Datum im September soll auf die neun Monate hinweisen, die das ungeborene Kind im Mutterleib heranwächst. Der Tag selbst erinnert an die gravierenden Folgen, die Alkoholgenuss während der Schwangerschaft für das Kind haben kann: Als Zellgift kann Alkohol das Gehirn und die Organe des Ungeborenen dauerhaft schädigen, und schon geringe Mengen Alkohol können irreparable geistige und körperliche Entwicklungsstörungen hervorrufen.

Das Kind im Mutterleib trinkt mit – und leidet unter Umständen lebenslang

Wissenschaftliche Untersuchungen gehen davon aus, dass zwischen zwölf und fünfzehn Prozent der Schwangeren einmal oder auch mehrmals im Monat zu alkoholischen Getränken greifen. Dabei wissen viele Frauen offenbar nicht, dass selbst geringer Alkoholkonsum die Entwicklung ihres Kindes schwer beeinträchtigen kann. Denn Schwangerschaft und Stillzeit gehören  zu den Situationen im Leben, in denen Alkohol grundsätzlich nichts zu suchen hat. Ein „Gläschen in Ehren“ darf es also für schwangere und stillende Frauen nicht geben.

Jeder noch so kleine Schluck, den eine Schwangere trinkt, gelangt ungehindert in den Blutkreislauf des Kindes. Das kommt schnell auf den gleichen Promillewert wie seine Mutter. Nur: Es braucht zehn Mal länger als sie, um den Alkohol wieder abzubauen. Für das Kind hat das schwere Folgen: Der Alkohol wirkt sich nicht nur schädigend auf die Zellteilung und damit den Wachstumsprozess aus. Auch die Nervenverbindungen können sich nicht richtig ausbilden, bereits gebildete Nervenzellen können absterben. Besonders betroffen ist das Gehirn, das empfindlichste Organ des Menschen. Es ist erwiesen, dass die gesundheitlichen Risiken für das Kind mit der Menge des konsumierten Alkohols steigen, allerdings gibt es keine gesicherten Grenzwerte, bis zu denen Alkoholkonsum unschädlich ist. Deshalb gilt nicht einmal die kleinste Trinkmenge als unbedenklich. Nur der bewusste Verzicht auf Alkohol in jeder Phase der Schwangerschaft schützt das Kind sicher vor alkoholbedingten Schädigungen. Und: Der Verzicht gilt für alle Getränke, Lebensmittel und Medikamente, die Alkohol enthalten. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass es gefährliche und weniger gefährliche alkoholische Getränke gibt.

Schwerste Beeinträchtigungen durch das Fetale Alkoholsyndrom (FAS)

Rund 12.500 Kinder werden in Deutschland jährlich mit Beeinträchtigungen geboren, die auf den Alkoholkonsum ihrer Mutter zurückzuführen sind. Sie sind für ihr Leben geschädigt, können zwar therapiert, aber nicht geheilt werden. Es ist eine ganze Palette an Defiziten, die bei den Kindern auftreten können: Minderwuchs und Untergewicht, Kleinköpfigkeit und Gesichtsveränderungen, Nieren- und Herzschäden, Augen- und Skelettfehlbildungen. Aber auch geistige Behinderung, verminderte Intelligenz und Verhaltensstörungen sind Folgen des mütterlichen Alkoholkonsums.

Rund 3.000 dieser Kinder weisen dabei das Vollbild des Fetalen Alkoholsyndroms (FAS) auf, das heißt, sie sind in allen genannten Bereichen geschädigt. Für die Kinder bedeutet das: Sie haben neben den körperlichen auch erhebliche intellektuelle Beeinträchtigungen. Sie können Sinnzusammenhänge nur schwer erfassen, ihre Konzentrations- und Merkfähigkeit ist gering, dazu kommen emotionale Störungen und Verhaltensauffälligkeiten. Häufig fehlt den Kindern das natürliche Gespür für Gefahren. Es fällt ihnen schwer, Distanz zu halten, sie sind naiv und leichtgläubig. All das macht es ihnen schwer, ein selbständiges Leben zu führen.

Das Fetale Alkoholsyndrom ist unter den nicht genetisch bedingten Behinderungen die häufigste Form. Ein FAS tritt meistens dann auf, wenn die Mutter alkoholkrank ist und das Kind während der gesamten Schwangerschaft einem hohen Maß an Alkohol ausgesetzt war. Doch FAS ist keineswegs ein Phänomen, das nur die Kinder von suchtkranken Frauen betrifft. Auch ein einmaliger, exzessiver Alkoholkonsum kann schwere Folgen haben.

„Alkoholfrei“ gilt auch für das persönliche Umfeld

Wichtig ist, dass auch Partner, Verwandte, Freunde und Kollegen von Schwangeren Verantwortung übernehmen. Denn für schwangere Frauen ist es nicht unbedingt leicht, konsequent nüchtern zu bleiben. Ob es um das kleine Glas Sekt auf der Geburtstagsfeier in der Familie geht oder um den Wein abends im Freundeskreis – schwangere Frauen erleben es immer wieder, dass sie zum Alkoholkonsum regelrecht gedrängt werden: „So ein Gläschen kann doch nicht schaden“, heißt es dann. Dabei kann man ausgelassen feiern, ohne Alkohol zu trinken. Unterstützen Sie Schwangere darin, auf Alkoholisches zu verzichten. Das heißt nicht nur, dass bei offiziellen Anlässen oder Feiern alkoholfreie Getränke angeboten werden sollten, sondern auch, selbst einmal das Glas Wein oder Bier wegzulassen: Rücksicht auf Schwangere nehmen bedeutet, das eigene Trinkverhalten anzupassen.

Ein aufmerksames soziales Umfeld ist also sehr wichtig, um Schäden durch Alkohol bei ungeborenen Kindern zu vermeiden. Darüber hinaus gibt es professionelle Unterstützung, die werdende Mütter in Anspruch nehmen können. Rheinland-Pfalz verfügt über zahlreiche regionale Anlaufstellen zum Thema Sucht. Sie zeigen kostenfrei auf, wie der Weg zur Heilung aussehen kann und bieten Rat und Unterstützung.


© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Marion Mück-Raab
Redaktion: Birgit Kahl-Rüther, Mail: bkahl@lzg-rlp.de


Weiterführende Links

Hier können Sie sich Beratungsstellen zum Thema Sucht in Ihrer Nähe anzeigen lassen.

Die LZG-Akademie bietet die Online-Fortbildung „Alkoholfrei Schwanger“ an.

Warum es nötig ist, in Schwangerschaft und Stillzeit komplett auf Alkohol zu verzichten und welche Unterstützung es bei Fragen zum Thema Alkohol in der Schwangerschaft gibt, erklärt leicht verständlich ein Video des Referats Suchtprävention der LZG.

Die Broschüre „Alkoholfrei schwanger“ sowie weitere Materialien zum Thema Sucht (z.B. Kinder aus suchtbelasteten Familien, Suchtprävention für Lehrkräfte u. ä.) finden Sie zum Download und Bestellen im LZG-Shop.

Weitere Informationen stellt das Informationsportal des FASD Deutschland e.V. zur Verfügung.


 


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