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Resilienz: So können Sie Ihre psychische Widerstandskraft stärken

Freitag, 16. Dezember 2016

Was bedeutet „Resilienz“?

Wohl jeder Mensch kennt mehr oder weniger einschneidende Lebenskrisen. Und dabei stellt sich die Frage, warum manche Menschen an Krisen, aber auch an Unglücken oder belastenden Situationen verzweifeln, während andere diese bewältigen und sogar innerlich gestärkt aus ihnen hervorgehen. Offenbar ist die psychische Widerstandskraft unterschiedlich stark ausgeprägt. Diese wird mit „Resilienz“ bezeichnet. Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen Wort „resilire“ für zurückspringen oder abprallen her. Allerdings täuscht der Ausdruck: Auch an resilienten Menschen prallen Schicksalsschläge und Krisensituationen nicht einfach ab. Nach Unfällen, schwerer Krankheit, dem Verlust eines geliebten Menschen oder bei Arbeitslosigkeit durchlebt jeder Mensch Trauer, Angst, Selbstzweifel, Verzweiflung. Resiliente Menschen können diese Gefühle besser verarbeiten als andere. Aber wie machen sie das? Zur Beantwortung dieser Frage hilft ein Blick in die Resilienzforschung.

Die Resilienzforschung seit den 1950er Jahren: Eine frühkindlich starke Bindung ist wichtig

Die Forschung dazu geht auf die US-amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner zurück. Diese untersuchte in den 1950er Jahren Ureinwohner einer hawaiianischen Insel, deren Kinder in Armut aufwuchsen, wenig zu essen hatten, unter alkoholkranken Eltern litten und misshandelt wurden. Zwei Drittel der beobachteten Kinder wurden später selbst alkoholkrank, gewalttätig oder psychisch krank. Ein Drittel der Kinder aber ging – unter identischen Ausgangsvoraussetzungen – psychisch ungebrochen aus diesen Lebensumständen hervor und fand den Weg in ein sogenanntes normales Leben mit einem guten Beruf und einer stabilen Beziehung. Emmy Werner fand heraus, dass all diese Kinder wenigstens einen Menschen an ihrer Seite hatten, der an sie glaubte, sie unterstützte und ihnen half. Spätere Studien bestätigten diese Beobachtung: Eine frühkindliche starke Beziehung ist wichtig für den Aufbau eines gesunden Selbstwertgefühls –  und das ist wichtig für die Fähigkeit, mit einer Krise oder einem Schicksalsschlag umzugehen.

Auch erwachsene Menschen brauchen Zuwendung oder Zugehörigkeitsgefühl

Auch Erwachsene brauchen menschliche Zuwendung, um Krisenzeiten gut zu überstehen. Dazu zählt auch Zuwendung durch eine Gruppe Gleichgesinnter, zum Beispiel in einem Verein oder bei politisch aktiven Menschen. Ebenso kann starke Verbundenheit zur Natur oder zur Kunst, oder ein tiefer religiöser Glauben dieses Gefühl der Zugehörigkeit hervorrufen, das einem Kraft gibt.

Sich nicht in der Opfer-Rolle sehen, sondern selbst aktiv sein können

Um Zuwendung auch zur Krisenbewältigung nutzen zu können, benötigen Menschen in hohem Maß eine sogenannte interne Kontrollüberzeugung. Dieser Begriff aus der Psychologie bedeutet, sich dem Schicksal, dem Glück oder dem Zufall nicht ohnmächtig ausgeliefert zu fühlen. Dazu zählt auch, dass man das (Selbst-)Vertrauen besitzt, Dinge auch selbst in die Hand nehmen zu können und Veränderungsmöglichkeiten zu ergreifen, wenn sie sich bieten. Dazu ist es wichtig, sich selbst gut zu kennen und ein realistisches Bild von seinen Fähigkeiten zu besitzen. Eine Prise Humor – auch über sich selbst – ist dabei hilfreich, genauso wie die geistige Fähigkeit, sich selbst einmal von außen betrachten zu können.

Mit einem Belohnungsaufschub klarkommen

Zur Resilienz gehört des Weiteren die Fähigkeit, einen Belohnungsaufschub zu ertragen. Dabei wird auf eine sofortige, kleinere Belohnung zu Gunsten einer späteren größeren Belohnung verzichtet. Überspitzt gesagt heißt das: Wer sich beispielsweise heute das Stück Sahnetorte verkneift, weil er morgen noch eine gute Figur haben möchte, beweist eine recht ausgeprägte Fähigkeit des Beloh-nungsaufschubs.

Offen sein für Neues

Ein weiteres Persönlichkeitsmerkmal hat sich ebenfalls als förderlich erwiesen: Personen, die generell offen für neue Erfahrungen sind, tun sich leichter, sich mit einer auch belastenden Situation abzufinden, als Personen, die sich Veränderungen gegenüber abschotten, weil ihnen Neues zunächst einmal Angst einjagt.

Beispiele zur Stärkung der Resilienz von Kindern

Wenn Sie nun als Elternteil Ihren Kindern dabei helfen möchten, ihre Resilienz zu stärken, können Sie gar nicht früh genug damit beginnen: Einen ganz besonders positiven Einfluss hat es nämlich, wenn Sie Ihren Kindern vorlesen. Einer Studie zufolge kommt es dabei vor allem darauf an, dass das Vorlesen die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kindern stärkt. Kinder profitieren auch von Eltern, die sich nicht isolieren, sondern aktiv den Kontakt zu Gleichgesinnten suchen. Fördern Sie auch den Kontakt Ihrer Kinder zu den Großeltern: Auch dies stärkt nachweislich die Resilienz. Und wenn Kinder in ihrer Klasse oder im Verein die Möglichkeit haben, Verantwortung zu übernehmen, dann ermutigen Sie sie darin.

Ist die Fähigkeit zur Resilienz auch angeboren?

Neben dem Einfluss, den man selbst auf die Resilienz hat, wird inzwischen vermutet, dass die Fähig-keit dazu zu einem gewissen Teil angeboren ist. Hierbei liegt die Annahme zugrunde, dass gewisse neurobiologische Eigenschaften verantwortlich sind. Wie diese aussehen und sich auswirken, will beispielsweise das Deutsche Resilienz-Zentrum in Mainz untersuchen, das im Sommer 2016 gegründet wurde.

Vorbeugen durch die Erkenntnisse aus der Resilienzforschung

Die Resilienzforschung bekommt eine zunehmende Bedeutung. Denn immer mehr Menschen suchen einen Arzt oder eine Ärztin auf, weil sie unter Depression, Angst, Posttraumatischer Belastungsstörung oder Sucht leiden. Die Resilienzforschung verspricht eine neue Möglichkeit, damit umzugehen. Sie setzt präventiv an und erforscht, ob wir mit Hilfe ihrer neuen Erkenntnisse Erkrankungen durch Stress und andere psychische Belastungen vorbeugen können.

© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner;  Redaktion: Marielle Becker


 

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