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Rheuma hat viele Gesichter

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Was ist Rheuma?

Der Überbegriff Rheuma hat seinen Ursprung in der Säftelehre, die im Mittelalter eine zentrale Bedeutung einnahm. Demnach sollte kalter Schleim – einer der angeblich krankheitsverursachenden Säfte – vom Gehirn aus durch den Körper laufen und die Beschwerden verursachen. Doch heute wissen wir, dass die verschiedenen Krankheiten unterschiedlich verlaufen und eine unterschiedliche Therapie erfordern. Wer von Rheuma spricht, denkt meistens an Schmerzen und verformte Finger. Tatsächlich aber verstecken sich hinter dem Begriff Rheuma viele Einzelkrankheiten. Die medizinisch korrekte Bezeichnung für Rheuma lautet daher: Krankheiten des rheumatischen Formenkreises.

Aufteilung des rheumatischen Formenkreises in vier Gruppen

Zur ersten Gruppe gehören die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, denen eine autoimmunbedingte Entzündung zugrunde liegt. Hierzu zählen die rheumatoide Arthritis (auch Gelenkrheuma genannt) sowie die Spondylitis ankylosans, auch als Morbus Bechterew bekannt, und die Psoriasis-Arthritis. Letztere tritt in Zusammenhang mit einer Schuppenflechte auf. Auch Bindegewebserkrankungen wie die Schmetterlingsflechte (Lupus erythematodes) und die Sklerodermie, eine Art Bindegewebsverhärtung, gehören dazu. Neben diesen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen bilden verschleißbedingte rheumatische Erkrankungen die zweite Gruppe, hierzu gehören etwa Gelenkverschleiß oder Sehnenscheidenentzündungen. Die dritte Gruppe beinhaltet Krankheiten des Bewegungssystems durch Stoffwechselstörungen, allen voran die Gicht. Rheumatische Schmerzkrankheiten, Stichwort Weichteilrheumatismus, bilden die vierte Gruppe des rheumatischen Formenkreises. Hierzu gehört die Fibromyalgie, obwohl bei ihr keine Entzündung nachweisbar ist.

Wegen der Unterschiedlichkeit der Krankheitsbilder ist eine genaue Diagnose wichtig. Vor allem in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis hat sich in den letzten Jahren viel getan.

Die rheumatoide Arthritis – Symptome

Die rheumatoide Arthritis, auch Gelenkrheuma genannt, ist die Krankheit, die unbehandelt zu Gelenkdeformierungen führt. Noch vor 20 Jahren waren die betroffenen Patienten damit auf einem direkten Weg hin zum Invaliden. Heute ist die rheumatoide Arthritis gut behandelbar. Voraussetzung ist ein früher Therapiebeginn – und zwar innerhalb von zwölf Wochen nach den ersten Symptomen. Sollten Sie sich betroffen fühlen, gehen Sie zu Ihrer Ärztin beziehungsweise Ihrem Arzt, wenn Sie folgende Symptome bemerken: Vorerst unerklärliche Schmerzen im Gelenkapparat, typischerweise zunächst an den Fingergelenken. Dann eine Morgensteifigkeit, die zunächst meist an den Fingern beginnt. Auch ein Anschwellen, eine Rötung oder Schmerzen um den Bereich um die Gelenke gehören zu den Symptomen. Hinzu kommen oft eine leicht erhöhte Körpertemperatur bis 38 Grad, sowie unerklärliche Müdigkeit und Appetitlosigkeit.

Die Diagnose

Während eine Ärztin oder ein Arzt früher Jahre benötigte, um eine rheumatoide Erkrankung sicher festzustellen, gelingt dies heute innerhalb von drei bis vier Monaten. Neben den genannten Symptomen helfen Bluttests und in den letzten Jahren verstärkt bildgebende Verfahren. Mit einer Röntgenaufnahme sind knöcherne Veränderungen festzustellen. Mittels hochauflösendem Ultraschall können Weichteilveränderungen ausgemacht werden. Und eine Magnetresonanztomographie – also die „Röhre“ – zeigt innere Ergüsse und gibt weitere Hinweise auf die Erkrankung.

Die Therapie

Die Therapie der rheumatoiden Arthritis beginnt mit schmerzlindernden Medikamenten wie Ibuprofen oder Diclofenac. Die weitere Therapie wird in drei Phasen eingeteilt. In der ersten Phase kommt es darauf an, das Voranschreiten der Entzündung zu verhindern. Hierfür wird die seit Jahrzehnten bekannte Kombination aus Kortison und einem Immunsuppressivum mit dem Wirkstoff Methotrexat (kurz: MTX) angewendet. Das Immunsuppressivum dämpft das Immunsystem, womit der Angriff auf die eigene Gelenkhaut abgefedert wird oder unterbleibt. Das Ziel ist, dass innerhalb von zwölf Monaten ein Stillstand der Symptome einsetzt und es zu keiner weiteren Verschlechterung kommt. Wird MTX nicht vertragen oder bestehen Gegenanzeigen, kommt ein weiterer Arzneistoff aus der Gruppe der Immunsuppressiva zum Einsatz, zum Beispiel Leflunomid. Steht die exakte Diagnose, wird neuerdings bereits in Phase zwei ein sogenanntes Biologikum eingesetzt. Biologika sind gentechnisch hergestellte Eiweißstoffe, die gezielt bestimmte entzündungsfördernde Substanzen des Immunsystems blockieren. Sie können im Idealfall die Langzeittherapie mit hochdosiertem Cortison und den Immunsuppressiva ersetzen. Kommt es anschließend zu keiner Besserung der rheumatoiden Arthritis, kann in Phase drei ein anderes Biologikum eingesetzt werden. Es kann aber auch ein ganz anderes Wirkprinzip angewandt werden, wie zum Beispiel die Bestrahlung oder die Operation.

Rheuma-Patienten sollten nicht rauchen

Was kann eine von Rheuma betroffene Person zur Linderung selbst tun? Bei Rheumaerkrankungen, die mit einer Entzündung einhergehen, ist es zu allererst wichtig, mit dem Rauchen aufzuhören. Rauchen kann zum Ausbruch einer rheumatoiden Arthritis beitragen. Dazu reicht es, wenn man auch nur wenige Zigaretten pro Tag über viele Jahre hinweg raucht, zeigte gerade eine große Metaanalyse. Wer raucht, bei dem verläuft die Entzündung aktiver und die Chancen auf Stillstand der Entzündung stehen schlechter.

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle

Wichtig im Hinblick auf die meisten Rheumaformen ist auch die Ernährung: Einen schützenden Effekt haben Omega-3-Fettsäuren, die in besonders hohem Maße in Leinöl vorkommen. Damit kommt es zu leichten Verbesserungen bezüglich Schmerzen, Gelenkschwellungen, Dauer der Morgensteifigkeit, Krankheitsaktivität und Schmerzmittelverbrauch. Ob spezielle Diäten den Krankheitsverlauf beeinflussen, ist noch nicht bewiesen. Eine Mittelmeerdiät mit wenig Fleisch und viel Gemüse scheint einen Vorteil zu bieten. Manche Patienten beobachten nach dem Genuss bestimmter Speisen eine Zunahme der Beschwerden, diese Nahrungsmittel sind dann zu meiden. Moderater Alkoholkonsum scheint den Ausbruch und den Verlauf der Erkrankung günstig zu beeinflussen. Starker Alkoholkonsum dagegen ist auch bei rheumatischen Erkrankungen schädlich.

Den Vitamin-D-Wert im Blick haben

Bei Patienten mit entzündlichem Gelenkrheuma ist auffällig, dass sie niedrige Vitamin-D-Werte aufweisen. Es ist unklar, ob dies eine Ursache oder eine Folge der Erkrankung ist. Doch auf jeden Fall ist ein Vitamin-D-Ersatz bei einem Mangel notwendig, vor allem, um die Knochenfestigkeit zu erhalten.

© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner
Redaktion: Marielle Becker


 

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