Scheuermann, Rundrücken, Skoliose - Haltungsschäden bei Kindern
Dienstag,
16. Oktober 2018
Rückenbeschwerden gehören zu den häufigsten Gründen für Fehltage im Beruf. Die Ursachen dafür liegen oft in der Kindheit, denn frühe Haltungsfehler können sich im Erwachsenenalter schmerzhaft bemerkbar machen. Eltern sollten daher genau auf die Körperhaltung ihrer Kinder achten und notfalls korrigierend eingreifen. Denn: Während des pubertären Wachstumsschubs zwischen dem 11. und dem 15. Lebensjahr bei Mädchen und dem 12. bis 17. Lebensjahr bei Jungen ist die Wirbelsäule besonders anfällig für Fehlentwicklungen.
Rundrücken – oft Folge von übermäßigem Sitzen
Der häufigste Haltungsfehler ist ein Rundrücken. Darunter versteht man die extreme Krümmung der Wirbelsäule im Brustbereich. Kopf und Schultern sind dabei nach vorne geneigt, so dass die vorderen Teile der Wirbelsäule stärker belastet werden als die hinteren. Da bei Kindern die Wirbelkörper noch wachsen, reagieren sie empfindlich auf die einseitige Druckbelastung. Die Folge ist, dass das Wachstum an der vorderen Seite der Wirbelkörper gestoppt wird, während das Wachstum an der hinteren Seite weitergeht. So entwickeln sich die Wirbelkörper asymmetrisch und verknöchern in einer ungesunden Form, die irgendwann nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Erinnern Sie Ihr Kind daran, sich aufrecht zu halten – auch, damit es selbst ein Gespür für eine schlechte Körperhaltung entwickelt. Regelmäßiger Sport ist immer hilfreich, denn eine gut trainierte Muskulatur an Rücken, Gesäß und Bauch, am Schultergürtel und im Brustbereich kann bleibende Schäden verhindern. Da viele Kinder einen Großteil des Tages im Sitzen verbringen, sind Dehnungsübungen wichtig. Durch die Sitzhaltung verkürzen sich nämlich bestimmte Muskeln, unter anderem die Bauchmuskulatur, was den Rundrücken verstärkt.
Als empfehlenswert für eine gute Haltung gelten Sportarten wie Reiten und, bei kleineren Kindern, tänzerische Gymnastik. Schwimmen stärkt die Rücken- und Bauchmuskulatur. Wenn Krankengymnastik verordnet wird, sollte das Kind die speziellen Kräftigungs- und Dehnungsübungen, die es in der Therapie lernt, auch täglich zu Hause durchführen. Kinder mit Haltungsschwächen sollten unbedingt am Sportunterricht in der Schule teilnehmen, nur Kinder mit krankhaften Störungen können davon befreit werden.
Morbus Scheuermann – eine krankhafte Störung
Von der Rückenerkrankung Morbus Scheuermann sind vor allem pubertierende Jungen betroffen. Ursache ist wahrscheinlich eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung in Verbindung mit Bewegungsmangel und Fehlbelastungen. Auch beim Morbus Scheuermann ist die ausgewogene Entwicklung der Wirbelkörper gestört, was zu keilförmig nach vorne abgeflachten Wirbelkörpern im Brustwirbelbereich und damit zu einem Rundrücken führt. Oft entsteht im Bereich der Lendenwirbelsäule zusätzlich ein verstärktes Hohlkreuz – ein vergeblicher Versuch, den Rundrücken statisch auszugleichen. Nach Abschluss des Wachstums kommt die Erkrankung zum Stillstand, jedoch bleiben die bereits eingetretenen Schäden an Bandscheiben und Wirbelkörpern für den Rest des Lebens bestehen.
Gegen einen „Scheuermann“ lässt sich nach heutigem Kenntnisstand ursächlich nichts unternehmen. Doch können die Auswirkungen der Krankheit vermindert werden: Wichtig ist beispielsweise, gebücktes Sitzen zu vermeiden. Zusätzlich ist tägliche Krankengymnastik von mindestens 20 Minuten Dauer wichtig. Auch Sport ist bei Morbus Scheuermann empfehlenswert, allerdings sollten Sie sich in Ihrer kinderärztlichen oder orthopädischen Praxis beraten lassen, welche Sportart für Ihr Kind geeignet ist.
Da bei Morbus Scheuermann pubertätsbedingte Fehlhaltung und Krankheitsverlauf oft ineinander übergehen, sind aktive Gegenmaßnahmen in jedem Fall sinnvoll. Bei schweren Formen, bei denen die vollständige Selbstaufrichtung nicht mehr möglich ist, kann ein Korsett gute Erfolge zeigen.
Skoliose – seitliche Verkrümmung
Die dritte häufige Form von Haltungsschäden bei Kindern ist die Skoliose, eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule. Sie ist bei vornübergebeugtem, entblößtem Oberkörper gut zu erkennen. Warnzeichen für eine Skoliose sind auch, wenn der Kopf des Kindes meist zur Seite geneigt ist, eine Schulter höher liegt als die andere oder der Brustkorb auf einer Seite vorgewölbt erscheint. Die Krankheit entwickelt sich meist im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren. Mädchen sind bis zu fünf Mal häufiger betroffen als Jungen. Insgesamt leiden etwa fünf Prozent der Bevölkerung unter einer Skoliose. Außer Fehlbelastungen in der Wachstumsphase sind die Ursachen einer Skoliose meistens nicht bekannt, in wenigen Fällen ist eine Vererbung zu vermuten.
Ursache der Skoliose kann einseitiger Druck auf einer Schulterseite sein. Trägt ein Kind zum Beispiel eine schwere Schultasche ausschließlich auf einer Seite, könnte das zu Wachstumsstörungen führen. Durch den einseitigen Druck verknöchern die noch weichen Wirbelkörper auf der betroffenen Seite frühzeitig, auf der anderen, geschonten Seite wachsen die Wirbelkörper weiter, so dass sich die Wirbelsäule seitlich verkrümmt. Eine Skoliose kann sich verschlimmern und im Laufe des Lebens die Lungen- und Herzfunktion beeinträchtigen, denn sie kann die Organe auf einer Seite deutlich einquetschen.
Wenn Ihr Kind Zeichen einer Skoliose aufweist, sollten Sie es ärztlich untersuchen lassen. Meist verschreibt die Ärztin oder der Arzt Krankengymnastik zur Muskelstärkung. Wenn sich die unnatürliche Krümmung der Wirbelsäule deutlich verstärkt, kann ein Korsett oder eine Operation angezeigt sein. Je später ein Eingriff erfolgt, desto schwieriger ist er.
© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner
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