Winterblues? Starke Psyche in dunklen Zeiten
Freitag,
15. Dezember 2023
Kennen Sie das auch? Im Herbst, wenn es draußen ungemütlich und dunkel wird, würden Sie sich am liebsten verkriechen? Sie sind unmotiviert, übellaunig und müde? Sie schlafen viel und haben manchmal unbändige Lust auf Süßigkeiten? Dann leiden Sie vielleicht, wie viele andere, unter dem sogenannten Winterblues. Diese Stimmungsstörung ist sehr whrscheinliche eine Folge des Lichtmangels. Erfahren Sie hier mehr über mögliche gesundheitliche Auswirkungen in der dunklen Jahreszeit und wie Sie den unerwünschten Folgen des Lichtmangels entgegensteuern können.
Hier können Sie das Interview hören:
Wir Menschen sind wie fast alle Lebewesen abhängig vom Licht. Licht dient unserem Körper als Taktgeber: Es steuert über spezielle Botenstoffe wie Melatonin unser „zirkadianes System“, das ist unsere innere Uhr. Sie sorgt dafür, dass sich physiologische Vorgänge in unserem Organismus auf etwa eine Tageslänge synchronisieren. Der bekannteste zirkadiane Rhythmus ist der Schlaf-Wach-Rhythmus.
Damit das zirkadiane System optimal funktioniert, braucht der Mensch jeden Tag eine gewisse Dosis helles Licht, das alle Wellenlängen enthält, wie etwa Sonnenlicht. Wenn die Tage kürzer werden, bekommen wir naturgemäß eine geringere Dosis davon ab. Unser Körper schüttet dann größere Mengen des Schlafhormons Melatonin aus. Wir fühlen uns müde und schlapp.
Melatonin und Serotonin – die beiden Gegenspieler
Tageslicht beeinflusst nicht nur die Melatonin-Produktion in unserem Körper. Studien zeigen, dass die Intensität der Sonnenstrahlen auch entscheidend dafür ist, wie stark der Botenstoff Serotonin an den Nervenzellen des Gehirns bindet. Serotonin ist ein Hormon, das unter anderem Einfluss auf die Stimmungslage hat. Gedrückte Stimmung und Antriebslosigkeit können die Folge von Serotonin-Mangel sein. Ein gestörtes Serotonin-Gleichgewicht findet sich bei verschiedenen Krankheiten, darunter gehäuft bei Depressionen und bei Angst- und Schlafstörungen. Bei zunehmender Dunkelheit produziert der Körper das Schlafhormon Melatonin – dafür benötigt er Serotonin. Umgekehrt beginnt der Organismus mit der Serotonin-Produktion, sobald es hell wird, und baut im Gegenzug Melatonin ab. Die beiden Hormone sind quasi Gegenspieler und sorgen so für einen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus und ausreichende Erholung. Ist das Gleichgewicht gestört, spüren wir dies mit Antriebslosigkeit, Stimmungsschwankungen, Appetitlosigkeit oder Schlafproblemen.
Lichttherapie vertreibt Winterdepressionen
Der Lichtmangel in der dunklen Jahreszeit äußerst sich ganz unterschiedlich – manche kommen besser damit zurecht, andere weniger gut. Fachleute gehen davon aus, dass etwa 10-20 Prozent der Menschen unter dem Winterblues leiden.
Die gute Nachricht: Es gibt ein paar einfache Tricks, wie man dem Winterblues ein Schnippchen schlagen kann. Bewährt hat sich hier die Lichttherapie. Bei einer Lichttherapie im Rahmen einer Winterdepression sitzt der Patient oder die Patientin im Abstand von zirka 80 Zentimetern vor einer Leuchte, die möglichst 10.000 Lux stark sein sollte – zumindest aber nicht weniger als 2.500 Lux haben darf. Beides ist deutlich heller als eine normale Zimmerbeleuchtung. Auch wenn die Lichttherapie als recht gut verträglich gilt, sollte sie mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen und abgestimmt werden.
Wichtig zu wissen: Nicht hinter jeder depressiven Verstimmung im Winter steckt der saisonale Winterblues. Personen, die stark unter ihren Verstimmungen leiden, sollten sich Hilfe suchen. Wer sich dauerhaft schlecht fühlt und womöglich unter einer schweren Depression leidet, sollte unbedingt fachärztlichen Rat einholen.
Die Sonnenbank als Lichttherapie?
Unter der Sonnenbank scheint der Körper sehr viel von dem hellen Licht aufzunehmen und so den Serotonin-Spiegel erhöhen zu können. Doch stimmt das? Die Sonnenbank ist technisch gesehen ein Mittel zur kosmetischen Bräunung der Haut. Die UV-Strahlen können die Haut jedoch stark schädigen. Hautärzte warnen in der Regel vor dem Besuch eines Sonnenstudios. Eine Lichttherapie als medizinische Maßnahme zur Behandlung bei einer Winterdepression sollte nur unter ärztlicher Aufsicht mit einer speziellen Lampe erfolgen und nicht durch den Besuch eines Sonnenstudios.
Vitamin-D-Mangel vorbeugen
Licht hat nicht nur Einfluss auf die psychische, sondern auch auf die physische Gesundheit des Menschen. So ist auch die körpereigene Bildung von Vitamin D abhängig vom Tageslicht. Besonders in den Wintermonaten reicht die körpereigene Vitamin-D-Synthese häufig nicht aus, um unseren Bedarf an Vitamin D zu decken.
Vitamin D ist wichtig für einen gesunden Knochenstoffwechsel. Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D kann dazu führen, dass die Knochen instabil und brüchig werden. Möglicherweise fördert ein Vitamin-D-Mangel darüber hinaus auch chronische Krankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck.
Viele Menschen haben sogar ganzjährig einen Vitamin-D-Mangel. Was also tun? Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt, dauerhaft niedrigen Vitamin-D-Werten entgegenzuwirken, indem man sich so oft es geht im Freien aufhält.
Eine weitere Möglichkeit ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt sie dann, wenn eine Verbesserung des Vitamin-D-Status weder durch körpereigene Prozesse noch über die Ernährung erzielt werden kann.
Vitamin D als fettlösliches Vitamin wird im Fett- und Muskelgewebe gespeichert. Eine unkontrollierte oder übermäßig hohe Vitamin-D-Zufuhr kann zu einer akuten oder schleichenden Überdosierung führen. Eine zu große Menge an Vitamin D bewirkt im Körper einen erhöhten Kalziumspiegel. Dieser kann in akuten Fällen zu Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen, Erbrechen oder in schweren Fällen zu Nierenschädigung, Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und Tod führen. Um eine falsche Dosierung auszuschließen, sollten Sie vor der Einnahme von Vitamin-D-Präparaten unbedingt mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin sprechen und Ihren Vitamin-D-Status überprüfen lassen.
Aktiv durch den Winter
Nicht nur zum Ankurbeln der körpereigenen Vitamin-D-Produktion, sondern auch, um das Immunsystem auf Trab zu halten, sollte man sich (angemessen bekleidet) im Herbst und Winter regelmäßig draußen aufhalten. Sport und Bewegung sollten dabei nicht zu kurz kommen. Denn Aktivität an der frischen Luft macht munter und hebt die Laune. Außerdem senkt sie das Erkältungsrisiko: Die Schleimhäute werden befeuchtet, Immunzellen und Hormone aktiviert. Krankmachende Viren und Bakterien haben gleich weniger Chancen.
Es gibt noch mehr gute Gründe für mehr Aktivität in der dunklen Jahreszeit:
- Sie gleichen Bewegungsmangel aus und verbrennen dabei Kalorien.
- Sie aktivieren den Kreislauf und beugen Venenerkrankungen vor.
- Sie verbessern Ihren Schlaf.
Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag: Immer schön beweglich bleiben
Fazit
Vergraben Sie sich nicht in der dunklen Jahreszeit! Bewegen Sie sich an der frischen Luft und tanken Sie Tageslicht. Das hilft, Vitamin-D-Mangel vorzubeugen, reduziert die Infektanfälligkeit, hebt die Stimmung und hat zahlreiche weitere gesundheitsförderliche Effekte.
Hilfe im Notfall
Wenn Sie dauerhaft niedergeschlagen und verzweifelt sind oder Ihre Situation ausweglos erscheint, dann suchen Sie sich Hilfe! Möglicherweise handelt es sich dann nicht nur um einen Winterblues, sondern um eine Depression, die behandelt werden muss. Ihre hausärztliche Praxis ist dafür ein erster Anlaufpunkt.
Die TelefonSeelsorge ist rund um die Uhr erreichbar unter: 0800 111 0 111 / 0800 111 0 222
www.telefonseelsorge.de
Weitere Hilfsangebote finden Sie über unsere Website www.lzg-rlp.de/de/hilfen-finden.html sowie auf der Seite psychNAVI Rheinland-Pfalz.
© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text und Redaktion: Andrea Sudiana, asudiana@lzg-rlp.de
Weiterführende Links
- Mit Lichttherapie gegen die Winterdepression
- Mehr zur Winterdepression
- Behandlungsmöglichkeiten bei saisonaler Depression
- Was ist eine Winterdepression?
- Informationen zum Vitamin D und zur Vitamin D- Zufuhr
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