Zähneknirschen - nicht nur für das Gebiss schädlich!
Dienstag,
1. August 2017
Nachts, wenn wir eigentlich schlafen und uns erholen sollen, leisten viele von uns Schwerstarbeit. Es wird mit den Zähnen geknirscht und gemalmt, was das Zeug hält, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Oftmals halten die Zähne diese Belastung nicht aus und es bilden sich Schäden an den Zähnen und Zahnhälsen aus. Deswegen sollte das Zähneknirschen nicht verharmlost werden.
Das Zähneknirschen – im Fachjargon Bruxismus genannt – kann im Schlaf und im Wachzustand auftreten. Der Wachbruxismus geht eher mit heftigem Kieferpressen einher, der Schlafbruxismus eher mit einem wiederholten Malmen und Mahlen mit den Zähnen. Letzterer findet vor allem im Übergang zu unterschiedlichen Schlafstadien statt und ist mit minimalen Weckreaktionen verbunden. Diese werden spontan von Nervenimpulsen aus dem Gehirn ausgelöst und können eventuell den Schlaf und seine Erholungsfunktion stören. Vor allem, und das ist oft der Fall, wenn der Schlafbruxismus mit Schnarchen und Schlafapnoe, also Atemaussetzern, einhergeht.
Auswirkungen von Zähneknirschen
Das Zähneknirschen kann zu einer extremen Abnutzung der Zähne führen. Viele Betroffene berichten außerdem davon, dass ihnen morgens beim Aufwachen das Gesicht schmerzt, vor allem im Bereich der Kiefergelenke. Auch Spannungskopfschmerzen und eine Verspannung im Schulter-Nacken-Bereich können ihre Ursachen im Zähneknirschen haben. Wenn Sie einen solchen Verdacht haben, dann sprechen Sie Ihre Zahnärztin oder Ihren Zahnarzt darauf an.
Es gibt auch Betroffene, die unter craniomandibulärer Dysfunktion (CMD) leiden. Das ist eine Fehlfunktion des Kausystems, bei der vor allem die Kaumuskulatur betroffen ist. Das kann so weit gehen, dass der Mund aufgrund zu stark verspannter Muskulatur kaum noch geöffnet werden kann. Auch das Kiefergelenk und die Zahnstellung in Ober- und Unterkiefer können betroffen sein.
Übrigens sind beim Zähneknirschen auch die Zahnhälse in Gefahr, diese werden durch den Druck am ehesten gebogen und beansprucht. An ihnen zeigen sich oftmals feine Haarrisse im Schmelzbereich. In Kombination mit einer falschen Zahnputztechnik kann das Zähneknirschen deswegen zu ausgedehnten Zahnhalsdefekten führen, die auch Zahnfleischentzündungen nach sich ziehen können. Des Weiteren sind auch Zahnprothesen oder Kronen, je nach Material, durch Zähneknirschen gefährdet.
Diagnose
Mit vier Kriterien lässt sich die Diagnose Schlafbruxismus stellen: Das sind erstens nächtliche Knirschgeräusche, die die Schlafpartnerin oder der Schlafpartner bestätigen kann. Zweitens finden sich ein Abrieb und weitere Anzeichen an den Zähnen. Drittens ist der Kaumuskel stark vergrößert, er wächst bei maximaler Anspannung auf das doppelte oder dreifache Volumen gegenüber dem Ruhezustand an. Im Schlaflabor schließlich kann viertens der Schlafbruxismus endgültig bestätigt werden. Die Schlaflaborkosten werden von den Krankenkassen übernommen, wenn der Verdacht besteht, dass zusätzlich ein krankhaftes Schnarchen vorliegt, was oft der Fall ist. Oft kann auf das Aufsuchen eines Schlaflabors verzichtet werden, weil die ersten drei Kriterien ausreichen, um das nächtliche Zähneknirschen nachzuweisen.
Ursachen des Zähneknirschens
Bruxismus ist vor allem im Kindesalter häufig. Hier sind zwischen sechs und 20 Prozent aller Kinder betroffen. Im Kindesalter hängt das Zähneknirschen mit der geistigen Entwicklung zusammen. Das Aufkommen nimmt mit dem Lebensalter ab. Bei Erwachsenen wurde früher eine Fehlstellung des Gebisses als Knirschursache vermutet. Es wurde angenommen, dass die betroffene Person unbewusst ständig gegen die Fehlstellung angehen würde. Studien haben allerdings zwischenzeitlich gezeigt, dass die kieferorthopädische Regulierung solcher Fehlstellungen nicht immer das Knirschen beseitigt. Und auch bei symmetrisch zueinander passender oberer und unterer Zahnreihe kann das Knirschen auftreten.
Heute geht man davon aus, dass starke unverarbeitete Gefühle und Stressfaktoren die Ursache sind, da sie die schlafende Person nachts weiter beschäftigen. Auch eine Angststörung kann dahinterstecken. Manche Antidepressiva werden ebenfalls in Verbindung mit Bruxismus gebracht, ebenso übermäßiger Kaffee-, Nikotin- und Alkoholgenuss.
Der Tagesbruxismus, also das unwillkürliche feste Aufeinanderpressen der Zähne, wird hingegen ausschließlich auf psychische Anspannung und Stressfaktoren zurückgeführt.
Die Aufbissschiene als Therapieform
Die am häufigsten angewendete Therapiemaßnahme besteht in einer Knirscherschiene, die auch Aufbiss- oder Okklusionsschiene genannt wird. Diese besteht aus Hartplastik und wird genau an das Gebiss angepasst. Sie wird nachts angelegt und verteilt den eher punktuellen Druck auf mehrere Zähne. Die Knirscherschiene wird in der zahnärztlichen Praxis angepasst und im Allgemeinen von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Die Schiene kann die nächtliche Kauaktivität bei 50 Prozent der Patienten reduzieren.
Verhaltenstherapien und Entspannungsmethoden helfen
Einen weiteren positiven Einfluss auf das Knirschen haben Verhaltenstherapien und Entspannungsmethoden, welche Einfluss auf den Stresszustand und auf psychische Belastungen nehmen. „Beiß doch die Zähne zusammen“, heißt es ja auch sinnbildlich, oder „da musst du dich durchbeißen“, wenn sich jemand mitten in einer schweren Aufgabe befindet. Wer beruflichen Stress, ungelöste Spannungen und Probleme besitzt, arbeitet oft auch nachts daran. Bei Dauerstress reagiert das Kauorgan nachweislich mit einer Zunahme der Muskelaktivitäten. Hingegen ist bei stressgesunden Menschen nachts auch die Kaumuskulatur entspannt. Besonders häufige Faktoren, die Dauerstressreaktionen auslösen, sind Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, Mobbing, familiäre Probleme, Pflege kranker Angehöriger und finanzielle Probleme. Hier kann eine Verhaltenstherapie helfen.
Eventuell auch hilfreich: Arzneistoffe
Medikamentös werden vereinzelt Medikamente zur Muskelentspannung eingesetzt. In besonders schweren Fällen kann auch eine lokale Injektion von Botulinumtoxin in den Kaumuskel sinnvoll sein, denn dies sorgt für gewisse Zeit für eine Entspannung des betroffenen Muskels. Wenn der Kaumuskel dann geschwächt ist, nimmt auch der Druck auf das Gebiss automatisch ab.
© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner, www.beatrice-wagner.de
Redaktion: Marielle Becker